Ulf Wendel

Und es hat Zoom gemacht im Mazda MX-5

“Hallo Herr Wendel! Wie soll das Wetter am Wochenende werden?”. “Gut.”, entgegne ich dem Mann bei der Autovermietung. “Samstag soll die Sonne scheinen und Sonntag gibt es leichte Bewölkung, aber keinen Regen”. Ich ahne schon was kommt. Der Mann will gut Wetter machen, um mir zu sagen, daß sie mal wieder knapp mit Autos sind, meine Reservierung arg kurzfristig kam und er Probleme hat noch jeden Kunden zufriedenstellend zu bedienen. “Ich nehme jedes Auto, vier Räder reichen”. Er grins und kontert: “MX-5? 10 Euro mehr als normal.” Och, ja, warum nicht mal Roadster fahren statt Trecker.

Sein Grinsen läßt nicht nach, aber auch bei mir macht sich ein Grinsen breit. “Ich würde das Auto nicht mal geschenkt nehmen.” – “Och….” – “Das sieht einfach nicht aus.”, entgegnet mir der Familienvater, dessen Leibesumfang Gemütlichkeit verkündet. Als ich mich in den Fahrersitz zwänge verstehe ich was der Mann gemeint hat. Ich bin nicht groß, es fehlen mir sogar ein paar Zentimeter zum europäischen Durchschnitt. Und mein Leibesumfang hat zwar bedenklich zugelegt, aber Längen und Breitenangabe einer Hose stehen noch im ausgewogenen Verhältnis. Das erinnert mich an den Urlaub. “Wieviele Leute passen auf das Boot?” – “Kommt darauf an. 6 Amerikaner, 8 Europäer und 12 Asiaten”. Ok, ok, ich hör schon auf. Aber dieses Auto kommt nicht aus Amerika, es kommt nicht aus Europa, es kommt aus Asien. Naja, was es bedeutet, daß die Mazda Motors GmbH in Köln beheimatet ist, will ich gar nicht wissen.

Der Erstkontakt mit dem Mazda MX-5

Heja, sitzt man hier tief im Auto. Der Sitz ist gut, die Länge reicht sogar, um einen 2m Riesen unterzubringen. Jedenfalls war Brüderchen positiv angetan vom Sitz, nur sehen konnte er nichts mehr, weil die Scheibe nicht hoch genug war. Die Sitze verfügen über Burzelwärmer und bieten ausreichend Seitenhalt. Doch die Sitzposition ist ganz anders als in einem Ford Fusion, mit dem ich zuletzt durch Italien gefahren bin… Zwischen mir und der Straße scheinen nur wenige Zentimeter zu liegen. Hinter einem LKW bekommt man Angst. An der Ampel schaut man verzweifelt nach oben um die Lichter zu sehen. Aber egal. Das gehört so. bei einem Flitzer. Unterm Strich erscheint mir die Ãœbersichtlichkeit gut, die Spiegel ausreichend und bei geschlossenem Verdeck stoße ich mir auch fast nicht den Kopf.

Ich fahre vorsichtig aus der Tiefgarage raus. Vom Blick auf den Fahrzeugschein weiß ich, daß das Auto einen 1.6l Motor mit rund 80kW (110 PS) hat. Die spätere Recherche im Internet verrrät, daß dem Motor etwa 1150kg Fahrzeuggewicht und ein cW-Wert von 0,38 entgegen stehen. 110 PS sollten reichen um Polo und Co. auf Distanz zu halten, bei Limosinen ist Vorsicht geboten. Herrlich, was Mazda dem kleinen Motor an Sound-Engineering spendiert hat. Normalerweise interessiere ich mich sonst nur dafür nichts vom Motor zu hören. Desto ruhiger, desto besser. Dieser Wagen kennt verschiedene Lautäußerungen, die Kerls genießen kann, wenn das Verdeck geöffnet ist. Den Tritt auf das Gaspedal beantwortet der Motor mit einem spontanen Ruckeln, das durch das gesamte Fahrzeug geht. Keine Verzögerung, es geht sofort los.

Hut ab, durch die Stadt, auf die Bahn

Beim ersten Versuch das Dach zu öffnen, brauche ich rund 10 Minuten. Das Dach ist zwar schnell offen, aber bis die Abdeckung für das Dach montiert ist, vergehen ein paar Minuten. Ein Haufen Druckknöpfe dient zur Befestigung der Abdeckung. Eigentlich wollte ich nur ein Auto am Wochenende haben, um mal wieder die Unmengen von Getränkekisten auszutauschen. Doch das kann ich getrost vergessen. Bei zwei Sitzen und einem Kofferraumvolumen von 144l Litern heißt es Verzicht üben. Das meinte der Mann von der Autovermietung also…

Es ist ein ungeheurer Spaß mit dem MX-5 durch die Stadt zu flitzen. Mit weniger als 4m Länge, direkter Lenkung, sehr guter Rücksicht bei geöffnetem Verdeck, munterem Motor und recht wenig Wind hinter der Scheibe bei Geschwindigkeiten unter 80 km/h passt er wunderbar in die Stadt. Als ich dann auf die Autobahn fahre, kommt eine große Enttäuschung auf mich zu. Da passiert ja gar nichts. Ok, 110 PS sind nicht viel, aber so wenig? Ich werde reihenweise überholt. Frei nach dem Motto: der traut sich nicht ohne Dach schnell zu fahren, der hat Angst um seine Frisur.

Eine Baustelle später habe ich es kapiert. Das ist kein Diesel und der fünfte Gang ist etwas für Ökos. So geht das also. Am Ende der Baustelle bei 60 in den zweiten Gang runterschalten, ausdrehen bis 100, dritter, 145, vierter und abwarten. Irgendwann liegen 190 an. Jetzt merke ich auch zum ersten Mal, daß das Auto interessante Geräusche machen. Von denen kriege ich immer weniger mit, aber ich weiß jetzt, daß unter 4000 Umdrehungen nur Langeweile an der Kurbelwelle anliegt. Bei dieser Fahrweise verstehe ich auch, wieso Mazda behauptet, daß das Auto in weniger als 10 Sekunden auf 100 sprintet.

Die Höchstgeschwindigkeit im Rückwärtsgang habe ich nicht ermittelt. Beim BMW 116 liegt es bei 55, gemessen auf Kaacksburg. Die Kaacksburg ist eine Autobahnhaltestelle an der A23 mit Toilettenhäuschen. Der MX-5 dürfte in der gleichen Kampfklasse liegen.

Während ich noch zwischen Tankuhr und Drehzahlmesser schwelge und mir gar nicht vorstellen mag wie sich mein Grinsen auf den Tankwart überträgt (Durchschnittsverbrauch gute 10l Super/100km), merke ich gar nicht, daß es mollig warm ist im Auto. Selbst bei Vollgas und 14 Grad Außentemperatur friere ich nicht. Der Burzelwärmer sorgt für ein warmes Rückteil und die Klimaanlage hält die Schweißfüße am Leben.

Auf dem Dorf

Auf dem Dorf gibt es zunächst mal neidische Blicke. In der Stadt geht das Auto ja unter, aber hier neben den Gummistiefen, Unimog und tiefergelegten Golf 1 fällt das Auto auf. Und wo stellt man sein Auto an der Küste aus? Auf dem höchsten Punkt weit und breit: auf dem Deich. Damit es auch jeder sieht.

Nachdem das Ego befriedigt ist, werden die Eintrittskarten für den Autoscooter verteilt. Ecken und Kurven werden mit hohem Tempo durchfahren. Physikalische Grenzen gibt es nicht und das ESP wird es schon richten. ESP? Die Mazda Webseite nennt nur “Antiblockiersystem (ABS) mit Elektronischer Bremskraftverteilung (EBD)”. Deswegen wollte das Heck manchmal in die andere Richtung fahren… Nein, kann eigentlich nicht sein. Irgendetwas muß das im Auto an elektronischen Helferlein verbaut sein, denn beim Ampelstart erlebt man eine tiefe Enttäuschung. Irgendetwas regelt auch den geringsten Schlupf weg. Das sorgt für zwar schnellen aber akkustisch unauffäligen Antritt.

Dennoch: das Auto macht Spaß, es macht Zoom-Zoom. Das Fahrwerk ist dabei sogar noch als komfortabel zu bezeichnen. Ein 3er BMW mit M-Fahrwerk rüttelt die Häftlinge mehr durch als der kleine MX-5. Und innendrin ist das Design erstaunlich stimmig. Einzig die Mittelkonsole mit dem Radio will nicht so recht passen. Dafür entschädigen der kurze, knackige Schalthebel und das auf alt getrimmte Lenkrad. Apropos Schaltung: kurze Wege und leichtgängig.

Das Design von diesem Auto mochte ich noch nie. Aber beim Fahren hat es Zoom gemacht.

Kaufen? Als Zweitwagen, ja. Als Fan von Cabrio mit Stoffverdeck, ja. Wer Angst hat vor dem Ãœberschlag – der letzte MX-5 zeigte keine besonders guten Crashergebnisse beim Ãœberschlag -, der sollte lieber ein anderes Auto wählen. Vielleicht ist ja sogar eines dabei mit Stahldach und Kopffreiheit. Beim Motor darf es auch gerne auch noch etwas mehr sein als 1.6l/110PS. Die Neuauflage steht vor der Tür und vielleicht kann der kommende Einstiegsmotor auch fünf Gänge statt de-facto nur vier Gänge ausnutzen.

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